Klett-Cotta: Das gelobte Land der Dichter

J.F. Cotta führte die 1659 gegründete Cotta`sche Verlagsbuchhandlung zu Weltruhm. Vor allem die enge Beziehung zu Schiller hatte für den Verlag enorme Folgen.

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„Ew. Hochwohlgeb.
beehre ich mich, beiliegenden Aufsatz für das Morgenblatt zu überschicken.
Ich wohne schon seit 6 Wochen hier am Rhein und warte mit Sehnsucht auf das erste Dampfschiff, um die Fahrt mitzumachen und feierlich zu beschreiben. Aber es ist bist jetzt noch keines erschienen. Sie würden mich sehr verbinden, wenn Sie mich wissen ließen, ob und wann eins vorbeikommt…“

Ludwig Börne aus Rüdesheim am 2. Mai 1826 an Johann Friedrich Cotta

Das Anliegen Börnes, sein Verleger möge nun ein Dampfschiff vorbeischicken, erstaunt weniger, wenn man weiß, dass J.F.Cotta (1764-1832), ein Hansdampf in allen Gassen war – und sich folglich unternehmerisch auch in der Dampfschifffahrt engagiert hatte. J.F. Cotta führte die 1659 gegründete Cotta`sche Verlagsbuchhandlung, die durch Einheirat gegründet wurde (Johann Georg Cotta ehelichte die Witwe eines akademischen Buchführers), zu Weltruhm. Vor allem die enge Beziehung des Verlegers zu Friedrich Schiller hatte für den Verlag enorme Folgen – bei Cotta erschien schließlich alles, was in der Klassik und Sturm und Drang Rang und Namen hatte: Schiller, Goethe, Herder, Fichte, Hölderlin, Kleist, Jean Paul, Hegel, Schelling, Alexander von Humboldt und viele mehr.

Im Laufe der Jahrhunderte hat der Verlag seine führende Stellung verloren. Mit dem Wandel der Zeiten hat sich auch das Programm geändert – im literarischen Bereich zehrt man etwas von den Klassikern und Modernen Klassikern (Gottfried Benn, Stefan George, Ernst Jünger), in der Gegenwartsliteratur ragen die Namen Javier Marias und Brigitte Kronauer heraus. Für Liebhaber des Fantasy-Bereichs steht der Name Tolkien. Und der Ursprung des Verlages – die Nähe zur Universität Tübingen – lebt im starken Sachbuchbereich fort. (Mehr zu Geschichte und Programm unter www.klett-cotta.de).

2009 gab der Verlag zu seinem 350jährigen Bestehen einen schmalen Band (180 Seiten) heraus: „Cotta – Das gelobte Land der Dichter.“ Kein umfangreiches Geschichtswerk mit Daten, Fakten, Eigenlob, sondern eine Auswahl von Briefen an die Verleger, ein Querschnitt und Abbild dieses sensiblen Verhältnisses über beinahe vier Jahrhunderte hinweg. Brigitte Kronauer führt in ihrem Vorwort in diese „zumindest unterschwellig nervöse Beziehung“ ein: Soll der Verleger doch nicht nur für das Erscheinen der Dampfschiffe sorgen, sondern zugleich auch das höchste, das geistige Gut in bare Münze umsetzen.

Die Herausgeber Stephan Askani und Frank Wegner haben eine Auswahl der Briefe an den Verlag nach Themen geordnet – Freundschaft und Konflikte werden angesprochen, Zeit und Gesellschaft, Geld und Honorar. Die Anschreiben – nur wenige Briefe der Verleger selbst sind im Band enthalten – spiegeln persönliche Verfasstheit der literarischen Berühmtheiten wieder, lassen charakterliche Rückschlüsse zu (ein Goethe bittet nicht, sondern lässt bitten via Schiller oder Eckermann und wenn er schreibt, so hat dies meist fordernden, delegierenden Charakter), zeigen politische Nöte und Zwänge auf, lassen den Zensor harsch auftreten, kurz: sprechen Bände. Das Buch setzt zwar einiges an Vorwissen über deutsche Verhältnisse voraus – die muss man sich selbst quererlesen und erarbeiten. Aber dies ist nicht unbedingt ein Mangel: Die Briefe sind ein Schatz an sich – stilistisch, sprachlich, inhaltlich. Wünschenswert an editorischer Leistung wären dagegen jedoch die Übersetzungen der englisch- bzw. französischsprachigen Lettres von Javier Marias und Madame de Stael gewesen.

Einige Zitate:

Friedrich Schiller stand in enger Beziehung zu F.J. Cotta. Im Verlag erschienen sowohl die Horen als auch der Musen-Almanach. Zudem stellte Schiller zahlreiche weitere Beziehungen zu Autoren her, die er dem Verleger ans Herz legte:

„…Hölderlin hat einen kleinen Roman, Hyperion, davon in dem vorletzten Stück der Thalia etwas eingerückt ist, unter der Feder. „

Friedrich Schiller an J.F. Cotta, 9.3.1795

„Nun noch einen guten Rat. Ich fürchte, Goethe läßt seinen Faust, an dem schon so viel gemacht ist, ganz liegen, wenn er nicht von außen und durch anlockende Offerten veranlaßt wird, sich noch einmal an diese große Arbeit zu machen und sie zu vollenden.“

Friedrich Schiller an J.F. Cotta, 24.3.1800

Heinrich Heine lebte ab 1831 in Paris. Ab 1832 war er als Pariser Korrespondent der Augsburger Allgemeinen Zeitung tätig, die von Cotta gegründet worden war. Sie war zu dieser Zeit die führende deutschsprachige Tageszeitung. In seinen Briefen tritt der ganze Witz dieses lebendigen Geistes ebenso wie seine melancholische Seite, befördert durch die Erkrankung, zutage.

„Damit Sie aber nicht glauben, ich sei in eine Tänzerin verliebt und bliebe deshalb hier und wäre recht börnisch faul, so habe ich den Anfang meines italienischen Tagebuchs ausgearbeitet (…).
Ich mache Sie aber nochmals darauf aufmerksam, daß ich in keine Tänzerin verliebt bin, obgleich sich solch eine Liebe sehr gut mit Schnupfen und Husten verträgt, und ein ebenso großes Unglück ist.“

Heinrich Heine an J.F. Cotta, Florenz, 11.11.1828

„Durch meinen körperlichen Zustand abgesperrt von den Genüssen der Außenwelt, suche ich jetzt Ersatz in der träumerischen Süße der Erinnerungen, und mein Leben ist nur ein Zurückgrübeln in die Vergangenheit: da tritt oft vor meine Seele das Bild Ihres seligen Vaters, des wackeren würdigen Mannes…“

Heinrich Heine an F. J. Cottas Sohn Georg v. Cotta, Paris, 26.3.1852

Und zumindest kann dieser Sammelband wieder die Lust auf das Briefeschreiben erwecken oder auch nützlich sein für eigene Geschäftskorrespondenz:

„Weit entfernt, mein sehr geschätzter Herr und Freund, den Antrag, den Sie mir am 28. Nov. Des abgewichenen Jahres taten, anders zu nehmen als er von Ihnen gemeint ist, erkenne ich mich Ihnen vielmehr sehr verbunden dafür, und hoffe, mein guter Genius werde, um der 73 Jahre willen, die an mir gezehrt haben, nicht ganz so untreu an mir werden, daß ich Ihnen nicht zuweilen einen kleinen Beitrag, wenigstens zum Zeichen meines guten Willens, sollte übersenden können.“

Christoph Martin Wieland an J. F. Cotta, Weimar im Februar 1807.

„Cotta – Das gelobte Land der Dichter“, 2009, Klett-Cotta Verlag, 17,95 Euro, gebunden, Umschlag, Lesebändchen, ISBN: 978-3-608-93904-0.

2 comments on “Klett-Cotta: Das gelobte Land der Dichter”

  1. Hat dies auf Sätze&Schätze rebloggt und kommentierte:

    „Damit Sie aber nicht glauben, ich sei in eine Tänzerin verliebt und bliebe deshalb hier und wäre recht börnisch faul, so habe ich den Anfang meines italienischen Tagebuchs ausgearbeitet (…).
    Ich mache Sie aber nochmals darauf aufmerksam, daß ich in keine Tänzerin verliebt bin, obgleich sich solch eine Liebe sehr gut mit Schnupfen und Husten verträgt, und ein ebenso großes Unglück ist.“

    Heinrich Heine an J.F. Cotta, Florenz, 11.11.1828

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