H. G. Wells: Die Zeitmaschine

Er ist der literarische Vater der modernen Sci-Fi-Autoren: H. G. Wells. „Die Zeitmaschine“ (1895) gilt als das Pionierwerk der Science-Fiction-Literatur.

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Bild: Birgit Böllinger

„Was war eigentlich diese Zeitreiserei? Ein Mann konnte sich doch nicht mit Staub bedecken, in dem er sich in einem Paradoxon herumwälzte, oder?“

H.G. Wells, „Die Zeitmaschine“, 1895.

Er ist der literarische Vater von Asimov, Orwell und Huxley, Großpapa sozusagen aller modernen Sci-Fi-Autoren, nebst Jules Verne derjenige, der diese Literatur erfand: Herbert George Wells. „Die Zeitmaschine“, „Die Insel des Dr. Moreau“ und „Krieg der Welten“ zählen zu seinen bekanntesten Werken. Romane, die, obwohl vor mehr als einem Jahrhundert geschrieben, immer noch eigenartig modern wirken. Und vor allem düster – wenn H.G. Wells in die Zukunft der Menschheit sah, dann sah er schwarz.

Wells wurde 1866 in Bromley geboren. Dass er später Weltruhm und Wohlstand als Autor erreichen sollte, war ihm nicht in die Wiege gelegt – er kam aus sogenannten „kleinen“ Verhältnissen, die Eltern betrieben ein kleines Geschäft, das gerade zum Auskommen reichte. Dank eines Stipendiums konnte er jedoch studieren, unter anderem Geschichte, Soziologie und Biologie. Dabei lernte er die Ideen Darwins kennen, die ihn nachhaltig beeinflussten. In allen seinen Romanen – bis heute schätzen die Briten auch Wells realistische, oftmals gesellschaftskritische Werke, die im deutschsprachigen Raum eher unbekannt sind – sind seine akademischen Grundlagenkenntnisse spürbar. Und sein zentrales Anliegen: Die Menschheit zu verbessern. Wells, eigentlich ein pessimistischer Humanist, verzweifelte an den Geschehnissen der Zeitgeschichte, insbesondere der 2. Weltkrieg trieb ihn in die Depression. Er starb am 13. August 1946 in London.

„Die Zeitmaschine“ gilt als das Pionierwerk der Science-Fiction-Literatur. Ausgangspunkt ist ein typisch britisches Setting: Einige Freunde sitzen am Kamin, diskutieren Weltangelegenheiten. Der Gastgeber sinniert über die Zeit. Sie sie eine weitere Dimension. Schließlich führt er seinen Freunden eine von ihm entwickelte Zeitmaschine vor – und verschwindet vor ihren Augen in das Jahr 802701.

Zunächst erscheint dort alles beinahe paradiesisch. Der Forscher trifft tagsüber auf die kindlich wirkenden Eloi, Nachfahren der Menschen. Doch wo Licht ist, ist auch Schatten: Nachts kommen die Morlocks, die die Eloi wie Schlachtvieh züchten. Der Forscher entkommt dieser Welt mit knapper Not, um dann in keiner besseren aller Zeiten zu landen – die nächste Zeitreise führt ihn in eine öde, unbewohnbare Welt, die knapp vor dem Kollaps durch Überhitzung steht. Es ist, als habe Wells den Klimawandel vorausgesehen – und das bereits 1895. Nach seiner letzten Reise in die Zeit bleibt der Forschende schließlich verschollen.

Mit seiner Anklage von menschlicher Unterdrückung in Gesellschaften, die auf einem Klassensystem gründen, zielte Wells zwar auf eine Kritik der Zwei-Klassen-Gesellschaft ab, die sich in Zeiten der Industrialisierung herausgebildet hatte. Doch der Roman ist, betrachtet man ihn als Mahnung, zeitlos, eine politische Parabel, die ihre Gültigkeit behält. Als Genreroman mag dieses Buch vielleicht in den Augen jüngerer Leser technisch überholt wirken - als Dystopie und politische Satire dagegen funktioniert er immer noch. Leider.

Verlagsinformationen:
Bei dtv erscheint „Die Zeitmaschine“ im Januar 2017 in einer neuen Übersetzung -
https://www.dtv.de/buch/h-g-wells-die-zeitmaschine-14546/

17 comments on “H. G. Wells: Die Zeitmaschine”

  1. Ich habe dieses Buch vor ca.100 Jahren gelesen und es zeigt, wie wir der „condition humaine“ nicht entfliehen können! Ich habe deinen Beitrag gerne gelesen, liebe Birgit und wünsche die jetzt einige fröhlichere Tage!

  2. Ohh eine Sci-Fi Rezension 🙂 Ein wunderbarer Klassiker, den ich auch mehrfach gelesen und sehr geliebt habe. Habe mir kürzlich „The War of the Worlds“ von ihm gekauft und freue mich schon sehr darauf. Intergalaktische Grüße…

  3. Oh, ich habe den Film (den alten!) schon als Kind geliebt, ich fand die ganze Atmosphäre in der Zukunft und die Morlicks so unendlich gruselig! Das Buch habe ich als Teenager gelesen, ich muss es wirklich mal wieder lesen!

    1. Ich kenne dagegen leider die Filme nicht - irgendwann werde ich das nachholen. Wobei so alte Sci-Fi-Filme irgendwie immer eher ulkig sind, wenn man sieht, dass die ganzen High-Tech-Geräte aus Pappmaché sind etc. 🙂

      1. Mich stört das nur in trashigen Billigproduktionen, bei dem alten „Zeitmaschinenfilm“ ist mir nichts als zu offensichtlich unecht aufgefallen - jedenfalls in meiner Erinnerung 😉

  4. Hier und heute erscheint mir die Vorstellung, ins Jahr 802701 zu reisen, noch abenteuerlicher als damals „vor hundert Jahren“, als ich die Zeitmaschine las. Ganz ehrlich, ich würd mich im Augenblick nicht mal auf Zeitreise ins Jahr 2026 wagen.

    1. Liebe Maren,
      leider teile ich Deinen Pessimismus. Im Moment sieht alles so aus, als würde unsere Gesellschaft in vielen Dingen - und zwar nicht in den positiven - eine Rolle rückwärts drehen.
      Ja, man mag eigentlich keine Prognosen mehr wagen …

  5. Liebe Birgit,
    ich mochte als Kind besonders den Film mit Rod Taylor. Ich habe ihn gesehen, als es in der Regel nur 1 bis 2 amerikanische Spielfilme im Fernsehen gab und sich die Familie zum bewussten schauen des Films im Wohnzimmer versammelte. Meine Eltern kannten den Film noch aus dem Kino und meine Mama sagte, schau, was jetzt mit der Zigarre passiert und ich weiss noch, dass ich nicht wusste, was das nun sollte.
    Ich habe auf youtube diesen Ausschnitt gefunden und mir ist bewusst geworden, wie langsam die Filme damals gelaufen sind. Heute sind sie von den Schnitten so schnell, dass eine Wahrnehmung immer schwieriger wird.
    Liebe Grüße von Susanne

    1. Liebe Susanne, ich sehe schon: Ich muss mir diese Verfilmung mal dringend zu Gemüte führen. Ja, die meisten heutigen Sci-Fi-Filme sind halt actionbeladene Special Effects-Kracher - das ist auch nicht so sehr meins, aber es gibt ja auch ganz ruhige, gelassene Filme in diesem Genre.

  6. Danke für deinen tollen Kommentar! Jetzt habe ich auch was zum Autor selbst gelernt 🙂 Ich habe genau das erlebt, was du am Schluss schreibst: Wenn man technische Neuerungen erwartet, wird man als Leser enttäuscht. Aber als Dystopie funktioniert der Roman super. Deshalb bin ich ja dafür, dem Werk einen Untertitel zu geben im Sinne von „Eine Zukunftsdystopie“ oder so. Denn sonst läuft man Gefahr wirklich das Falsche zu erwarten und dann liest man nicht weiter (ging mir beim 1. Mal lesen so). Was meinst du?

    1. Könnte man machen - aber ich weiß auch nicht, ob solche Etikettierungen immer funktionieren. Und manchmal gibt es ja auch Leserinnen wie dich, die sich dann nochmals ans Buch wagen und doch etwas darin entdecken.
      Es gibt so viele Bücher - ich glaube einfach nicht, dass man da durch entsprechende Genrezuweisungen und Untertitel nicht dennoch eben manchmal danebengreift. Und man nimmt sich vielleicht auch zu schnell das Abenteuer, gegen die eigenen Erwartungen etwas zu entdecken.
      Die besten Entdeckungen habe ich für mich eigentlich immer dann gemacht, wenn ich mich einfach durch die Buchhandlung treiben ließ, rumgeschnuppert habe und auch mal zu einem Buch gegriffen habe, das außerhalb meiner Lesegewohnheiten und Interessen lag.

  7. Gerade sind auch wieder neue Versionen der Geschichte als Hörspiele erschienen. Während bei ‚Titania Medien‘ wie meistens eher bedächtig ans Werk gegangen wird, hat Oliver Döring für ‚Folgenreich‘ auch eigene Ideen eingebaut und z.B. den Start der Zeitreise in die 1970er Jahre verlegt. Link zur Kritik ist bei meinem Namen hinterlegt.

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